Swantje Oppermann
Undurchschaubar
„Ich verfolge jeden Like, jeden Kommentar, den Olivia online absetzt. Ich habe Klamotten gekauft, die Olivia selbst gern tragen würde. (150 Euro für eine Lederjacke – und dafür null Aufmerksamkeit.)“
Suche nach Freundschaft
Noa wäre gerne mit Olivia befreundet; seit ihre beste Freundin Lilly tot ist, fühlt sie sich grenzenlos einsam. Auch den ersten Tag an der neuen Schule kann sie nicht ohne Lilly überstehen. Sie schreibt ihr noch immer Nachrichten, als wäre sie noch am Leben. Sie hat sich zum Schreiben auf die Toilette zurückgezogen und hört dort ein Mädchen in der Kabine schluchzen – Olivia. Das ist ihre erste Begegnung.
„,Alles in Ordnung?‘, frage ich, als läge die Antwort nicht auf der Hand. … ,Kennst du diese Tage, an denen sich alles hohl anfühlt?‘ Sie seufzt. ,An denen nichts Sinn ergibt?‘ In mir zieht sich alles zusammen. … ,Aber vielleicht tut es das ja nie.‘ Sie verstummt. Auf einmal erinnert sie sich wohl daran, dass wir uns überhaupt nicht kennen.“
Und so soll es, wenn es nach Olivia geht, auch bleiben. Sie ist beliebt, hat ihre Clique und braucht die Neue nicht. Noa aber setzt alles daran, von ihr wahrgenommen zu werden.
Verrückte Idee
Sie kommt schließlich auf die verrückte Idee, eine Spyware auf Olivias Handy zu installieren, so kann sie alles mitlesen, was diese schreibt und immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein und verständnisvolle Fragen stellen. Immer stärker wird sie in diesen Strudel hineingezogen, schließlich installiert sie die App auch auf dem Handy von Olivias bester Freundin Eleni. Ihre Bemühungen sind schließlich erfolgreich und die Clique beginnt, sie zu akzeptieren.
Aber dann kommt Marlon, der andere Außenseiter der Klasse, und erpresst sie mit seinem Wissen über die Spyware; er hat sie die ganze Zeit genau beobachtet. Ihr unterlaufen aus Nervosität immer mehr Fehler, und Marlon trägt ebenfalls dazu bei, dass Olivia und Eleni misstrauisch werden.
Gefährliches Spiel
Eine spannende Geschichte, packend und einfühlsam erzählt. Man ist fassungslos, wie Noa ihre digitalen Kenntnisse benutzt, um sich heimlich in Olivias Leben zu schleichen. Neben dem Unbehagen, das ihre Handlungen verursachen, sieht man aber auch ihre Not und Einsamkeit - eine widersprüchliche Figur und ein gefährliches Spiel. „Undurchschaubar“ traut seinen Leser*innen etwas zu und kann Diskussionen über Wahrheit und Lüge, Einsamkeit, Schuld und wirkliche Freundschaft anregen.
(Iris Knappe)
Swantje Oppermann, *1986 in Hameln, Studium Literatur, Kultur und Medien sowie Film- und Fernsehwissenschaften, lebt in Berlin, wo sie für Film und Fernsehen tätig ist.
Swantje Oppermann „Undurchschaubar“
Beltz & Gelberg 2024, 216 Seiten, 15 Euro, eBook 13,99 Euro
Ab 14 Jahren