Irmela Körner (Text) Hans Bach (Fotos)
Karl Foerster
Der Stauden-Schöpfer
Ein kleiner Balkon kann großen Visionen Raum geben – "zumindest habe ich versucht, ein paar von den Ideen Karl Foersters in meinen Balkonkästen umzusetzen", erzählt Irmela Körner mit einem Augenzwinkern über die Inspiration, die ihr Karl Foerster, der Stauden-Schöpfer gegeben hat.
Trotzige Pflanzen
Ihr gleichnamiges Buch ist eine prachtvolle Hommage an diesen genialen Gartenkünstler, der seine Visionen nicht nur in blühenden Beeten, grünen Hecken und flirrenden Gräsern umzusetzen verstand, sondern vor allem den vielfältig blühenden Staudengewächsen aus England in Parks und Gärten auf dem Kontinent einen angemessen Platz als Zierpflanzen verschaffte. Foerster begeisterten die Stauden, er lobte sie überschwänglich als Pflanzen, die
"mit der Trotzkraft ihrer Blumen und Knospen gegen Frühlings-und Spätherbstfröste, ja zum Teil gegen Winterkälte, mit ihren Anpassungskräften an Dürre, Schatten, Nässe oder Wind scheinen sie wie geschaffen, aus jeder Gartenschwierigkeit ein neues Fest zu machen."
Aus vier mach' sieben
Foerster schaffte noch ganz andere Dinge – er machte aus den herkömmlichen vier Jahreszeiten mal eben sieben, ergänzte das Gartenjahr durch Vorfrühling, Frühsommer und Spätherbst und verfügte kategorisch: "Es wird durchgeblüht." Ein ehrgeiziges Ziel, mit dem er Gartenliebhabern ganzjährig Freude schenken wollte – und entsprechende Pflanzen züchtete: Winterjasmin als Frühblüher, Septemberphloxe als späte Blütenschönheiten, denen er auch entsprechende Namen gab: Septemberfuchs und Blaue Nachhut, Nebelrosa und Novembersonne.
Garten Eden
Foerster hatte bei alledem wohl einen Garten Eden im Sinn, den er ein Leben lang erweiterte, verschönerte und perfektionierte. Sein Werk zählt längst zum gärtnerischen Kulturerbe. Noch in der DDR geehrt als "Verdienter Staudenzüchter des Volkes" war er vor allem eins: ein leidenschaftlicher Gartengestalter und Philosoph, der in den Pflanzen lebendige Wesen sah, denen er zur Schönheit verhelfen wollte - und zu blauer Strahlkraft. Karl Foerster folgte der "blauen Blume" der Romantik, brachte die Farbe in allen nur denkbaren Schattierungen vor allem beim Rittersporn zum Leuchten und gab ihr eine rätselhafte, metaphysische Bedeutung als "eine Botschaft aus der Tiefe der Erscheinung und ihres Verhältnisses zu uns." Die Autorin konnte bei ihren zahlreichen Spaziergängen durch Foersters Garten wahrhaftig so manch' "blaues Wunder" erleben.
Große Leuchtkraft
Irmela Körner folgt Foersters sieben Jahreszeiten und hat eine beeindruckende Fülle von sorgfältig recherchiertem Material zusammengestellt - aus Foersters eigenen Veröffentlichungen und seiner Zeitschrift "Gartenschönheit"; sie hat in Archiven gestöbert und Gartenliteratur gesichtet. Ergänzt werden die Fakten durch literarische und historische Zitate und Gedichte über die Lust am Gärtnern und die Schönheit von Pflanzen, dazu Anekdoten und Geschichten, die sie in vielen Gesprächen mit Zeitzeugen, Wegbegleitern und "Foersterianern" erfahren hat. Ein überaus informatives und zugleich kurzweiliges Buch, das die Person Foerster in all' seinen Facetten porträtiert und aufs schönste zu einem Besuch in seinem Garten animiert.
Gletscherwasser und Morgentau
Wir lernen Balduin und Hilde kennen, zwei Esel, die die Blumenwagen zogen, lesen von Redaktionssitzungen bei Kaffee und Kuchen im Wohnzimmer, erfahren, dass ein japanischer Prinz Hühner schickte und die niederländische Königin Tulpenzwiebeln. Und wir erleben die unendliche poetische Vielfalt botanischer Namen, einige davon Foersters Schöpfungen: Gletscherwasser und Morgentau, gelbes Helmkraut, Meergott und zottiger Ziest, Prachtstorchschnabel, Gottesauge, Honigsteinkraut und Wasserdost, Schleifenblumen, Schleierkraut und tränendes Herz, kleine Silberspinne, Rubinschatz und Karminkuppel.
Sinnliche Überraschungen
Die sprichwörtliche "Leuchtkraft" bekommt das Buch durch die wunderbar anschaulichen und lebendigen Texte von Irmela Körner und die großartigen Fotos von Hans Bach, der die Schönheit dieses Gartens und seiner Gewächse in vielfältigen Perspektiven und abwechslungsreich Licht und Schatten nutzenden Ein- und Ausblicken eingefangen hat - mal idyllisch verwunschen, mal üppig grüner Dschungel, dann wieder wuchernd und verwildert oder still unter weißer Schneedecke mit farbigen Blütentupfern.
Ein anregender Spaziergang durch Foersters Garten in Potsdam, reich an sinnlichen und farbenfrohen Überraschungen. Eine Besichtigung lohnt sich zu allen sieben Jahreszeiten. Und wer Glück hat, trifft auf dem Frühlingsweg oder im Steingarten Felix Merk, den leidenschaftlichen Gartendenkmalpfleger der Stadt Potsdam, der Foersters Garten und Wohnhaus wie seine Westentasche kennt und auch für die Autorin ein kundiger und belesener Gesprächspartner war, der lebendig zu erzählen weiß.
(Christiane Schwalbe)
Irmela Körner *1951, freie Journalistin und Autorin , lebt in Berlin
Irmela Körner (Text) Hans Bach (Fotos)
"Karl Foerster" Der Stauden-Schöpfer
Monumente Publikationen 2016, 192 Seiten, 39,50 Euro