Petra Hartlieb
Meine wundervolle Buchhandlung
Welch eine wunderbare Liebeserklärung an die Welt der Bücher! Naiv waren Petra Hartlieb und ihr Mann Oliver sicher, als sie eine kleine Buchhandlung in Wien kauften – in einer Stadt, in der sie nicht lebten und mit Geld, das sie nicht hatten. Aber sie waren entschlossen, es zu schaffen.
Traum und Albtraum
Wie das in den letzten zehn Jahren gelang, erzählt Petra Hartlieb, die als Literaturkritikerin begann und auch als Krimiautorin inzwischen erfolgreich schreibt, in dieser Geschichte ihres Lebenstraums. Wie es mit Träumen so ist, können sie mitunter zu Albträumen werden, etwa wenn die Nachtschichten bis vier Uhr früh dauern, die Rechnungen drohen, die Bücherberge immer höher und der Platz zum Einräumen immer kleiner wird.
"Die Geister, die ich rief, hallt es in meinem Kopf, und dass es kein Zurück gibt, wie beim Bergsteigen, wo ich auch nicht in der Mitte sagen kann, jetzt hab ich keine Lust mehr, ich bleibe einfach stehen."
Mit Haut und Haaren
Wie man lernt, die Kräfte zu bündeln, gute Freunde heranzuziehen, niemals aufzugeben, obwohl Buchhandlungen wie diese jede Woche von Neuem totgesagt werden - all das erzählt Petra Hartlieb auf erfrischende und lebendige Weise. Der Schmerz der sechsjährigen Tochter über den Verlust der Wendeltreppe, die der Vergrößerung des Ladens weichen muss, der zeitweilige Abschied vom 16jährigen Sohn, der lieber in Hamburg bleibt – wer einen Buchladen betreibt, muss wissen, dass das nur mit Haut und Haaren zu schaffen ist und ein "normales" Familienleben unmöglich macht.
Liebe zum Buch
Doch die Begeisterung für Bücher verbindet nicht nur Familie und Freunde, nicht nur die wachsende Zahl der Mitarbeiter, sondern verknüpft das Leben der Buchhändler mit dem der Kunden, mit den Autoren, mit allen, die Bücher lieben, zu einem großen Netzwerk, auf dessen Tragfähigkeit man vertrauen kann,
"weil sie uns mögen, weil es bei uns lustig ist und alle unsere Mitarbeiter das Prinzip 'Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch …' ebenfalls beherrschen, nur eben charmanter als der Algorithmus bei Amazon."
Großer Lesegenuß
Charmanter und vor allem kompetenter, und weil die Buchhandlung ein komplexes und wohldurchdachtes Gebilde geworden ist, bringt sie neue Entwicklungen mit sich: von basisdemokratischer Selbstausbeutung zu geregelten und computergestützten Strukturen, zu immer differenzierteren Angeboten.
Ein zweiter Laden sorgt für italienische und französische Literatur, Lesungen werden organisiert, und immer finden sich neue Menschen, die dazugehören wollen: Zwölf Angestellte aus sechs verschiedenen Nationen sind es schließlich, die verbunden sind von der Buchbesessenheit, "die man nur verstehen kann, wenn man selbst davon befallen ist". Für alle, die Bücher lieben und hinter die Kulissen ihres Vertriebs blicken möchten, ist "Meine wundervolle Buchhandlung" ein großer und vergnüglicher Lesegenuss.
(Lore Kleinert)
Petra Hartlieb "Meine wundervolle Buchhandlung"
Dumont 2014, 208 Seiten, 18 Euro
eBook 14,99 Euro, AudioCD 18,99 Euro